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PROJEKTINTERVIEWS


"Krieg, Polen und Flechten". - ein Gespräch mit Tetiana Lisnichuk

Hallo Tetiana! Zunächst möchte ich sagen, wie dankbar ich bin, dass Du Dich für das Interview bereit erklärt hast. Fangen wir doch damit an, dass Du etwas über Dich erzählst - wie kamst Du nach Polen und wie sah Deine bisherige Geschichte aus?
Hallo Paulina, ich bin Tetiana, ich bin Ukrainerin. Nach Polen bin ich nach dem Ausbruch des Krieges gekommen, leider ist das Leben so verlaufen, dass es so kommen musste... (Tränen)

Fällt es Dir schwer, darüber zu sprechen?
Schon etwas.

Das verstehe ich. Wenn es zu schwierig werden sollte, können wir jederzeit anhalten und eine Pause machen.
Das ist schon in Ordnung. Ich bin seit einem Jahr und drei Monaten in Polen.

Denn so weit liegt der Kriegsbeginn schon zurück, nicht wahr?
Ja, genau. Ich habe mich hier schon ein bisschen integriert.

Du sprichst sehr gut Polnisch.
Ja (lächelt), ich lerne jetzt zum dritten Mal Polnisch. Zurzeit lerne ich an der Universität Warschau, dort gibt es so einen intensiven Polnischkurs für Flüchtlinge.

Musst Du dafür nach Warschau fahren?
Nein, es ist online. Das ist sehr vorteilhaft.

Oh, das ist sehr praktisch für euch.
Es gibt dort verschiedene Kurse, aber ich lerne nur Polnisch. In Lublin leite ich auch noch Workshops, in denen ich verschiedene Objekte aus Papiergeflecht herstelle. Das ist so eine Aktivität mit vielen Vorteilen, z. B. um sich selbst oder andere zu beruhigen, es ist wirklich eine sehr tolle Methode für die Kleinen und auch für die Großen.

Du leitest also diese Workshops, nimmst nicht nur an ihnen teil?
Ich biete sie für Kinder und für Erwachsene an, jeder kann kommen. Jetzt habe ich sogar so eine Vase bei mir, die nur aus Papiergeflecht besteht.

Das ist ja sehr hübsch, da hat man sich bestimmt viel Mühe gegeben. Ist sie aus bunten Zeitschriften gemacht, aus Werbung?
Ja. Ich habe viele Sachen so hergestellt, und außerdem ist das umweltfreundlich. Diese Zeitungen aus den Geschäften sind nämlich nicht mehr recycelbar, weil sie mit allerlei Farben gefärbt sind. Und deshalb kann man solche Dinge für zu Hause anfertigen, um die Umwelt nicht mit Plastik zu verschmutzen, wie zum Beispiel diese Vase. Die Workshops sind sehr beruhigend und helfen den Flüchtlingen. Für uns ist es sehr schwierig. Wir sind in einem fremden Land und es ist schwer, all das zu sehen und zu hören, was für ein ,,Massaker" in unserem Land stattfindet.

Aus welcher Stadt kommst Du?
Ich komme aus Lutsk. Von dort kam ich hierher.

Bist Du allein hierher gekommen?
Nein. Ich habe eine Tochter. Sie studiert an der Technischen Universität Lublin, deshalb bin ich in dieser Stadt. (Lächelt)

Es ist gut, dass ihr hier zusammen seid. Wie hast du vom Kriegsausbruch erfahren?
Mein Haus liegt anderthalb Kilometer von Legnicko entfernt, um 4:30 Uhr morgens schlugen dort vier Raketen ein.

Haben diese Dich geweckt?
Ja.

Hast Du zu dieser Zeit alleine mit Deiner Tochter gelebt?
Nein, ich war mit meinem Mann und meiner Tochter zusammen. Er ist jetzt in der Ukraine.

Dein Mann verteidigt also das Land?
Ja, aber er kämpft auf eine andere Art und Weise, er kämpft nicht an der Kriegsfront.

Hast Du Angst um ihn?
Ich habe jeden Tag Angst, weil ich auch noch eine Schwester habe, die in Kiew lebt. Jedes Mal, wenn Raketen fliegen, ist das ein enormer Stress für mich.

Wollte Deine Schwester nicht nach Polen kommen, um der dortigen Gefahr zu entgehen?
Meine Schwester arbeitet in einer Bank und hat noch ein Grundstück auf dem Land in der Nähe von Kiew. Wenn eine große Bedrohung besteht, fahren sie und ihr Mann dorthin. Ich bin als Einzige aus meiner Familie nach Polen gekommen. Meine Tochter hat bereits hier studiert, war aber leider zu Hause zu dem Zeitpunkt, als der Krieg ausgebrochen ist. Es ist eine sehr schwierige Geschichte für alle Ukrainer, denn es ist wirklich...(weint).

Ich sehe Deine Tränen und kann mir nur denken, was Du gerade durchmachst. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schwer das alles für Dich sein muss.
Ich möchte auf keinen Fall, dass jemand erfährt, wie es dort wirklich ist, dieser Krieg.
Meine Großmutter hat als junges Mädchen den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Sie sagte immer : "Kinder, ich wünsche euch stets, dass ihr einen freien Himmel über eurem Kopf habt", und ich habe nie verstanden, was das bedeutet.

Es ging ihr um Krieg?
Ja, ich habe oft darüber nachgedacht, wovon meine Großmutter sprach, dass der Himmel über mir frei sein sollte, und als der Krieg begann, habe ich alles verstanden. (Traurigkeit)

Ich werde gleich mit Dir weinen.
Weißt Du, das muss raus, denn dieser Stress sitzt im Inneren und muss einfach raus.

Natürlich, Tränen sind nichts Schlechtes. Manchmal muss man eben weinen.
Das ist sehr gut. Ich habe seit Beginn des Krieges nicht ein einziges Mal geweint.

Und das ist das erste Mal?
Ja, und das tut wirklich gut.
Genau, denn mit Tränen können auch manche Emotionen, die irgendwo in einem stecken, einfach rauskommen. Auch wenn es manchmal sehr schwierig ist, muss man zumindest versuchen, sein Leben weiterzuleben, manchmal leider von neuem.
Wir müssen mit dieser Realität leben, und da lässt sich leider nichts machen. Wir müssen irgendwie weitermachen.

Selbstverständlich. Du hast vorher gesagt, dass man nicht weiß, was Krieg bedeutet, bis man ihn selbst erlebt hat. Würdest Du behaupten, dass die Medien nicht in der Lage sind, wenigstens einen Teil der Wirklichkeit zu zeigen?
Leider nein. Wir können alles sehen, alles so erleben, wie wir denken, dass es ist, und in Wirklichkeit ist es viel schlimmer, es ist unmöglich, es irgendwie darzustellen, es zu beschreiben. Der Krieg ist oder war nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen Ländern, und wenn man sieht, was dort passiert, erlebt man es nicht. Jetzt, wo man sozusagen sieht, was es ist, weiß ich schon, was 'Krieg' heißt. Eine Person, die nicht dabei war, die nicht in irgendeiner Form " Teil " davon war, ....

Dann kann man sich das nicht vorstellen?
Genau.

Du und Deine Tochter habt also beschlossen, nach dem Ausbruch des Krieges nach Polen zu kommen?
Zuerst kam meine Tochter, denn Kinder sind das Heiligste (lächelt), dann folgte ich ihr.
Wir wussten leider nicht, was alles passieren könnte, jetzt können wir es uns auch nicht vorstellen. Die Medien sagen nicht immer die Wahrheit. Wenn wir und andere aus verschiedenen Gegenden der Ukraine hier im Studentenwohnheim leben, kontaktieren uns Menschen, die in der Ukraine geblieben sind, und wir wissen bereits von Informationen, die nicht in den Medien sind, und diese Informationen sind nicht immer der Wahrheit entsprechend. Ich weiß, dass das ,,richtig” ist, denn wenn die Menschen wirklich wüssten, was passiert, dann gäbe es nicht nur bei uns Stress, sondern bei allen. So schützen sie die Menschen vor diesem Stress.

Wohnst Du zusammen mit Deiner Tochter im Studentenwohnheim?
Ja, zuerst kam sie, und dann ich, auch ins Studentenwohnheim. Leider (lacht). Als wir zu Beginn des Krieges losfuhren, gab es in Dorohusk so ein Flüchtlingshilfszentrum, weil die Leute unterwegs waren und nicht wussten, wohin sie weiter sollten. Das war so ein guter Ort, wo man sich ausruhen, einen Kaffee trinken und ein belegtes Brot essen konnte, weil manche sogar drei bis vier Tage am Stück unterwegs waren. Das war wirklich anstrengend. Als wir ankamen, gab es Koordinatoren, die die Leute bereits leiteten. Es gab viele Polen, die kamen, halfen und die Leute mit nach Hause nahmen. Das war wirklich Dank den Polen. Am Anfang habe ich gedacht und allen gesagt, dass wir den Polen immer für ihre Beteiligung an all dem danken werden.

An der Hilfe.
Ja, denn dies ist ein historisches Ereignis. Früher haben sich Polen und Ukrainer nicht wirklich "vertragen", und das ist die Geschichte. Aber sie verblasst bereits.

Und wir haben die Möglichkeit, eine neue Geschichte der Freundschaft mit unseren Nachbarn aufzubauen.
Ja, und ich denke, dass es so eine Allianz zwischen Polen und Ukrainern sein wird, ich denke auch, dass sie lang dauern wird. Das ist sehr gut, weil sich die Menschen vermischen. Ukrainer und Polen leben in der Ukraine und in Polen, und niemand soll etwas daran ändern (lacht). Wenn dieses Bündnis zwischen den Ländern bestehen bleibt, dann wird es nicht mehr so eine ,,Mauer" zwischen uns geben.

Fühlst Du Dich jetzt wohl in Polen und vor allem: Fühlst Du Dich sicher?
Nicht immer, denn wir bekommen unterschiedliche Nachrichten und haben unterschiedliche Informationen, aber genau aus diesem Grund fühle ich mich hier sicherer.

Du bist also oft mit deinem Körper hier aber mit deinen Gedanken in deinem Heimatland.
Ja, genau. In Polen war ich auch in Warschau und mir gefiel es dort nicht (lacht).

Gefällt Dir Lublin?
Lublin schon, es ist sehr mit meiner Stadt ,,verwandt", ich weiß nicht, wie ich das richtig sagen soll. Als ich in einem Hotel gewohnt habe, habe ich dort ein Buch gefunden, in dem stand, dass Lublin eine Partnerstadt von der Stadt Lutsk ist, aus der ich komme.

Besucht Dich Dein Mann hier?
Zu Beginn des Krieges kam er immer, wenn er nur konnte, denn wir haben einen LKW, und es gab eine Menge humanitärer Hilfe, die jemand transportieren musste.

Werdet Ihr Euch demnächst irgendwie sehen?
Ach. Vor 2 Wochen war ich zu Hause, weil es sehr schwierig für ihn ist, er war depressiv und ich musste zu ihm fahren.

Wohnt er dort allein?
Ja. Es ist sehr schwierig für ihn, dass er dort allein ist und seine Familie in Polen. Tja, so ist das Leben leider.

Hoffentlich ist diese Zeit bald vorbei und ihr könnt wieder zusammen sein. Tetiana, vielen Dank für das Gespräch und dafür, dass Du so viele schwierige Erfahrungen mit uns geteilt hast.






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